Oma Vier
6 Oktober 2009 at 12:09 pm 9 Kommentare
Hier im Ort gibt es einen kleinen Kiosk.
Dort gibt es von Getränken über Schulmaterial bishin zu belegten Brötchen und Süßigkeiten eigentlich fast alles.
Wenn man ihn betritt befinden sich immer mindestens 5 Kinder dort und dann ist für alle gerade genug Platz um sich evtl. noch am Ohr zu kratzen.
Hinter der Theke, die rechts, links, oben und unten voll mit Schachteln und Dosen mit den klebrigsten und leckersten Süßigkeiten bestückt ist, steht eine alte Frau. Ich nenne sie hier einmal Oma Vier.
Nicht nur meine Freundin und ich brachten zur Schulzeit eigentlich jeden Tag unser gesamtes Taschengeld dorthin. Alle liebten Oma Vier, die es bei der Abzählung der Süßigkeiten auch nicht immer ganz so genau nahm.
Noch heute erinner ich mich mit ein bisschen Wehmut an diese Zeit zurück, wenn ich das Geräusch der Kiosk-Tür beim Auf- und Zumachen höre und den Geruch in dem Laden wahrnehme.
Und noch immer steht sie da, diese Frau, bei der selbst die Generation meiner Eltern sich immer schon mit Süßigkeiten eingedeckt haben und die sie liebevoll Oma Vier nannten.
Sie ist einfach unumgänglich mit diesem Ort verbunden, jeder kennt sie und jeder liebt sie.
Diesen Freitag wird Oma Vier im Alter von 96 Jahren ihren Kiosk schließen und in mir ist so ein Gefühl von zarter Traurigkeit, habe ich doch immer geglaubt, daß selbst das Fräulein und Herr Tünnes mit ihr groß werden.
Vielleicht wird sich das Fräulein Ida noch an sie erinnern, gehen wir doch momentan eigentlich jeden Tag zu ihr.
Letzten Sonntag ging die Gemeinde mit einem Blumenstrauß zu ihr und am Freitag wird des Fräuleins Kindergarten mit einem Liedchen in den wahrlich wohlverdienten Ruhestand verabschieden.
Es ist schon lustig, aber der gesamte Ort spricht davon.
Ich glaube, sie ist unsere Mutter Teresa. 😉
Entry filed under: Alltag, Fräulein Ida, glücklich, liebeserklärung, Mommy, traurig.
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1. Ansku | 6 Oktober 2009 um 12:17 pm
Ach, aber das ist doch das Schöne am Dorfleben, wirklich wunderbar und auch wunderbar geschrieben.
( Wer ist denn dann Oma drei? Hab ich da was verpasst???)
2. feuervogel | 6 Oktober 2009 um 12:50 pm
Danke … für die Gänsehaut.
(Und vergiss die Oma nicht, wenn sie dann nicht mehr jeden Tag in ihren Kiosk geht.) LG
3. Martina | 6 Oktober 2009 um 12:53 pm
ich glaube nicht nur „Ihr“ (das Dorf und Ihr) werdet sie vermissen – umgekehrt wird es noch viel intensiver sein… Macht Fotos! Dann kannst Du es Deinen beiden lebendig halten.
(*schnief!)
4. Frau Kathy | 6 Oktober 2009 um 1:02 pm
@ansku
das ist ein wortspiel und hat mit der zahl vier eigentlich nichts zu tun. ich will hier nur nicht ihren richtigen namen schreiben. 😉
ich erklär es dir via fb.
@feuervogel
niemand wird sie hier vergessen, ich glaube wir werden sie wirklich sehr vermissen!
@martina
das glaube ich auch. wohl kaum hätte sie es sonst bis zu diesem hohen alter gemacht. bis zum schluß kennt sie noch die namen fast aller kinder die kommen und auch ich werde noch mit namen begrüßt, obwohl ich jahrelang zwischendurch nicht dort war.
hach ja.
5. kaanu | 6 Oktober 2009 um 1:12 pm
Eine wunderschöne Geschichte. 🙂
(Ähhmmm – darf ich noch Geburtstagsgrüße für Herrn Tünnes nachreichen? Nimmt der die ausnahmsweise noch an? Ich versuchs mal: Alles Gute zum Geburtstag kleiner großer Mann! Ich wünsch Dir ein wundervollstes zweites Lebensjahr!)
6. mairym | 6 Oktober 2009 um 8:08 pm
das is doch schön. Und mal ehrlich… bei dem alter ist es doch schön, wenn der laden aus diesem Grund schließt und nicht wegen ihres ablebens.
Und den Ruhestand hat sie sich auch wirklich verdient. 96!? Wahnsinn.
7. Frau Kathy | 7 Oktober 2009 um 12:03 pm
@kaanu
klar nehmen wir die noch an. 😀
@mairym
da hast du auf jeden fall recht. besser so als durch krankheit oder tod. und sie ist geistig noch so fit, unglaublich. gestern meinte sie schon ganz trocken, daß das jetzt bestimmt mit der aufgabe des lädchens dann rapide nach unten geht. ich hoffe sehr das nicht!!
außerdem war gestern noch ein ehepaar da, um sich für 35 euro mit süßigkeiten einzudecken und ihr zu danken, daß sie 1975 bei ihr einmal ein halbes brot und ein bisschen butter leihen konnten, da sie gerade erst hinzugezogen waren und nichts im haus hatte. im wahrsten sinne „mutter teresa“ 😉
über 62 jahre hat sie diesen laden jetzt gehabt, wer kann das noch in zukunft von sich behaupten….
8. sandra | 7 Oktober 2009 um 1:47 pm
Hört sich an wie ein herzensgute Frau 😉
Schön das ihr so eine Lange zeit Freude an ihr hattet.Sie hat wohl niemand,der den Kiosk übernehmen will, wenn sie es ganz so lange macht….normalerweise wäre sie ja schon über 30 Jahre im Ruhestand.
9. Seit dem letzten Beitrag II « Mamas kleine Monster | 10 Oktober 2009 um 9:55 pm
[…] 10 Oktober 2009 Freitag Vormittag bei strahlendem Sonnenschein war dann die große Verabschiedung unserer Oma Vier. […]